Die Stimme der Radler

Hier kommen Die RadfahrerInnen aus Tübingen und Umgebung zu Wort. Wenn Sie beitragen möchten, melden Sie sich bitte.

Faktenpapier 08 - Radfahrer

 

Fahrräder, Fahrradanhänger, Rollstühle, Rollatoren, Lastenräder, Scooter – alle diese Verkehrsmittel „der letzten Meile“ und Gehhilfen werden durch Schienen in der Straße unnötig gefährdet. Eine 4-Punkte-Frage der deutschen Führerscheinprüfung ist nur dann korrekt beantwortet, wenn u.a. angekreuzt wird: "Auf Straßenbahnschienen besteht immer erhöhte Sturzgefahr". Es ist also keine Frage, ob Straßenbahnschienen gefährlich sind, sondern, wie man diese Gefährlichkeit verringern oder verhindern kann.

 

Auch „Der Radfahrerverband ADFC verweist auf viele Stürze“: „Straßenbahnschienen sind ein Problem für Radfahrer.“ Leider sieht das die Ortsgruppe Tübingen sehr lässig, sie unterstützt die Innenstadtbahn auch in der Mühlstraße.

 

In vielen Städten wird seit wenigen Jahren dazu experimentiert:

 

Basel, Berlin, Bochum, Düsseldorf, Köln, München, Zürich, um nur einige zu nennen. Sie haben das Problem als solches erkannt und experimentieren mit Füllmaterialien, z.B. Gummi, allen voran die Stadt Basel. In der ersten Testphase hat das Füllmaterial „nicht standgehalten“, ein weiterer Test soll bis Ende 2022 abgeschlossen sein und Aufschluss darüber ergeben, „wann der Gummi jeweils ausgetauscht werden müsste.“ Spätestens am Wort „jeweils“ erkennen wir, dass der Füllgummi ein Verschleißmaterial ist, das ständige Kosten verursacht. Oder vernachlässigt wird und dann doch zu Unfällen führt.

 

Hier sehen Sie die Abmaße der ISS Strecke durch die Mühlstraße (Bild: (c) 2020 Tricon AG):

 

 Sieht eng aus meinen Sie? Das ist eng!

 

Etwa für Lastenräder: die dürfen bis zu 2,50m hoch und 4m lang sein. Einspurige Räder dürfen 1m breit sein, mehrspurige 2m (je nach Rechtsauslegung gelten bei mehrspurigen Lastenrädern sogar die größeren Abmessungen für Kraftfahrzeuge, d.h. 2,55m Breite). Lastenräder werden von der Tübinger Stadtverwaltung zur Vermeidung von unnötigen motorisierten Fahrten beworben, für sie wird der Platz zwischen ISS und den eingezeichneten Straßenlaternen extrem eng. Wie breit der in der Tübinger Innenstadt geplante Fahrradstreifen auf beiden Seiten der Fahrbahn sein kann, wenn die Stadtbahn dort im Gegenverkehr entlang fährt, wird aus der Präsentation der Stadt vom 19.9.2018 überhaupt nicht deutlich. Hier fordern wir genaue Berechnungen im Interesse der Sicherheit aller Radfahrer.

 

Auch Überholfen von Fährrädern, die die Mühlstraße bergab fahren ist weder möglich noch erlaubt. Jetzt stellen Sie sich die Situation am frühen morgen vor: hunderte von Schülerinnen und Schülern fahren durch die Mühlstraße zu den Schulen Uhlandstraße - bedrängt von einer hinterher fahrenden ISS. Sinnnvoll? Nein, Danke.


In Köln hat eine Gruppierung eine „Anfrage gem. § 4 der Geschäftsordnung“ gestellt: „Velosichere Schienen für Köln“.

 

Die 2001 erstmals gescheiterte CityBahn Wiesbaden wurde folgendermaßen beworben: „Ihre separate Fahrspur trennt sie über weite Strecken von den anderen Verkehrsteilnehmern … Nicht zuletzt verringert die eigene Fahrspur auch die Unfallgefahr deutlich.“ Sie sollte durch „die Wiesbadener Innenstadt“ verlaufen und ist zuletzt am  25. 11. 2020  „In Gänze krachend gescheitert“.

 

Aus all dem geht hervor:

 

  • Straßenbahnschienen sind gefährlich.
  • Noch gibt es keine fertige Lösung um Straßenbahnschienen zu entschärfen.
  • Die nachträgliche Entschärfung dieser Gefahr bedeutet andauernde Kosten.
  • Die sicherste Straßenbahnschiene befindet sich nicht auf der Straße, ist also keine Straßen-Bahn-Schiene sondern eine Bahn-Schiene

Und ist damit nichts für die Mühl-Straße.

 

 

 

Quellen und Zitate:

 

Bochum, 14.09.2020:

„Bochumer (70) gerät mit Fahrrad in Schienen – schwer verletzt

 

Basel, 13.08.2020:

Der Testbetrieb in Füllinsdorf geht im kommenden Herbst in die nächste Runde. Dann wird untersucht, ab welchem Stand der Abnutzung die  Gummifüllung von Fahrradfahrenden als unsicher empfunden wird und ab wann der Gummi jeweils ausgetauscht werden müsste. …

 Eine Auswertung wird nach rund einjährigem Betrieb voraussichtlich Ende 2022 möglich sein.“

 

Düsseldorf, 16. Juli 2020:

Rheinbahn testet sichere Gleise für Radfahrer - in Düsseldorf soll damit im Herbst 2021 ein Pilotprojekt an der Nordstraße durchgeführt werden: Rillenschienen für die Straßenbahn, in denen Radfahrer nicht mehr hängenbleiben können.“

 

SWR, 15.11.2019:

"Endlich ohne Stürze durch die Stadt - Nicht nur in Basel bleiben Fahrradreifen in den Schienen hängen. … Bei den Tests geht es unter anderem um die Haltbarkeit des Materials. … In früheren Tests hatte das Gummi den Belastungen entweder nicht standgehalten oder sich in der Schiene verschoben. “

 

Süddeutsche Zeitung, 28. September 2016:

Wie Tramschienen für Radler sicherer werden sollen … Straßenbahnschienen sind ein Problem für Radfahrer. Der Radfahrerverband ADFC verweist auf viele Stürze.“

 

Der Tagesspiegel, Berlin, 05.06.2014:

„Gummi an der Schiene soll Unfälle verhüten“

Der Tagesspiegel hatte über den Test bereits im August vergangenen Jahres berichtet, nachdem es einen schweren Unfall in Mitte gegeben hatte. … Gerade in den Innenstadtvierteln mit einem hohen Radverkehrsaufkommen sei es nötig, über die Lösung dieses Verkehrssicherheitsproblems nachzudenken.“

 

Köln, 13.11.2018:

Anfrage gem. § 4 der Geschäftsordnung:

 

Velosichere Schienen für Köln

 

CityBahn, Wiesbaden, immer noch geplant und 2001 erstmals gescheitert:

 [Die] separate Fahrspur [der Straßenbahn] trennt sie über weite Strecken von den anderen Verkehrsteilnehmern … Nicht zuletzt verringert die eigene Fahrspur auch die Unfallgefahr deutlich.

Radfahrerpein

 

Der Radfahrverkehr in Tübingen wird ignoriert

 

Tübingen ist eine Universitätstadt, in der Studierende, Lehrende sowie andere Beschäftigte mehrheitlich das Fahrrad nutzen. Bei der bisherigen Planung wird diese große Bevölkerungsgruppe nicht berücksichtigt. Radfahrende brauchen eigenen Raum auf der Fahrbahn, und dieser muß sicher beschaffen sein. Gummi-gefüllte Schienen zu verlegen, um Unfälle zu vermeiden, ist bisher mehrheitlich gescheitert, wie Witten, Berlin und Zürich zeigen. Neue Konstruktionen wie in Basel sind noch bis mindestens Ende 2020 in der Testphase. Außerdem kostet der Einbau fahrradfreundlicher Gleise 80% mehr als der Einbau herkömmlicher Gleise. Darüber hinaus ist die Frage, wie lange die Gummifüllungen bei der inzwischen zunehmenden Sonneneinstrahlung halten. Sobald sie spröde werden, müssen voraussichtlich ganze Gleise ausgetauscht werden.

 

Eine Originalquelle dazu:

 

https://velocityruhr.net/blog/2020/08/13/basel-testet-verbessertes-fahrradfreundliches-gleis/

 

 

 

Wir danken B. Herzog aus Tübingen, für diesen Beitrag.